Für alle Betriebe, in denen Tätigkeiten mit brennbaren oder oxidierenden Gefahrstoffen durchgeführt werden, bestehen Anforderungen an eine Gefährdungsbeurteilung speziell in Hinblick auf Brandgefährdungen sowie an die daraus abzuleitenden Brandschutzmassnahmen. Was dabei zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Unter Brandschutz versteht man alle Massnahmen, die der Entstehung und Ausbreitung eines Brandes (= Feuer und Rauch) vorbeugen (vorbeugender Brandschutz) und die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten bei einem Brand ermöglichen (abwehrender Brandschutz). Bei der Planung eines Gefahrstofflagers ist vor allem der vorbeugende Brandschutz zu berücksichtigen, um mögliche Brandgefahren durch die gelagerten Stoffe schon im Vorfeld zu minimieren bzw. um Massnahmen für eine wirksame Brandbekämpfung im Notfall vorzubereiten. Dabei wird in bauliche, technische und organisatorische Massnahmen unterschieden:
Einteilung in Brandabschnitte*
Anforderungen an Baustoffe und Bauteile
Feuerwiderstandsdauer
Sicherheitsabstände
*Ein Brandabschnitt ist ein Bereich, der im Schadenfall bestimmungsgemäss ausbrennt und somit kein Feuerüberschlag auf andere Brandabschnitte zulassen darf
Aber der Reihe nach! Um geeignete Brandschutzmassnahmen definieren und umsetzen zu können, sollten Sie erst einmal die Gefahren kennen, die in Ihrem Betrieb zu erwarten sind. Ist überhaupt mit Brandgefahren durch im Betrieb vorhandene Gefahrstoffe zu rechnen? Falls eine solche Brandgefahr besteht, wie hoch ist diese einzustufen? All das sollten Sie in Ihrer Gefährdungsbeurteilung ermitteln.
Für Unternehmen, die mit entsprechenden Stoffen umgehen, gilt es zu beachten, nach welchen Kriterien die Brandgefahr zu ermitteln und wie aus diesen Informationen die Höhe der Brandgefährdung zu bestimmen ist. Je nach Höhe der Brandgefährdung werden geeignete Schutzmassnahmen empfohlen. Deren Wirksamkeit ist durch das Unternehmen zu überprüfen und der gesamte Prozess zu dokumentieren.
Als brennbare Stoffe gelten eingestufte und gekennzeichnete Stoffe wie entzündbare Flüssigkeiten (H 224 - 226) oder Gase (H 220 oder H221), aber auch Erzeugnisse, aus denen bei Tätigkeiten Gefahrstoffe freigesetzt werden.
Die Beurteilung der Brandgefährdung ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durch eine fachkundige Person durchzuführen. Dabei sind alle relevanten Faktoren für die Entstehung, Ausbreitung und Auswirkung eines Brandes zu berücksichtigen. Gefährdungen für Beschäftigte oder andere Personen ergeben sich insbesondere aus Rauch, weiteren (toxischen) Brandfolgeprodukten, Wärme sowie dem Versagen von Bauteilen. Um einen guten Überblick zu erhalten, sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
Werden Tätigkeiten mit brennbaren oder oxidierenden Gefahrstoffen durchgeführt oder können brennbare bzw. oxidierende Gefahrstoffe bei Tätigkeiten entstehen oder freigesetzt werden?
Gibt es die Möglichkeit einer Substitution der Gefahrstoffe oder einer Verfahrensänderung im Verarbeitungsprozess, welche die Gefährdung minimiert?
An welchen Orten, in welchen Mengen und in welchem Zustand sind brennbare oder oxidierende Gefahrstoffe vorhanden?
Welche gefährlichen Eigenschaften haben die Gefahrstoffe, welche Brandgefährdung resultiert daraus und welche Brandfolgeprodukte sind zu erwarten?
Unser Tipp: Konsultieren Sie die Sicherheitsdatenblätter. Diese enthalten wichtige sicherheitsbezogene Informationen des Lieferanten zu den jeweiligen Stoffen. Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, dass abhängig vom Prüfverfahren abweichende Prüfparameter zugrunde liegen können.
Welche physikalisch-chemische Eigenschaften und sicherheitstechnische Kenngrössen haben die brennbaren Stoffe?
z. B. für Feststoffe/Stäube: Mindestzündtemperatur einer Staubschicht (Glimmtemperatur), Schwelpunkt, Selbstentzündungstemperatur, Brennzahl, Zündtemperatur
z. B. für Flüssigkeiten: Flammpunkt, Brennpunkt, Zündtemperatur
z. B. für Gase: Entzündlichkeit (Brennbarkeit), Explosionsgrenzen, Mindestzündenergie, Verbrennungsgeschwindigkeit
Welchen Einfluss haben eingesetzte Arbeitsmittel bzw. Anlagen sowie deren Betriebsweise?
Wie wirken sich bauliche, örtliche und betriebliche Gegebenheiten sowie Arbeitsbedingungen, -organisation und -umgebung auf die Brandgefahr aus?
Gibt es mögliche Wechselwirkungen?
Wie ist die Brandgefahr unter Berücksichtigung verschiedener Betriebszustände zu beurteilen?
Dazu gehören: Normalbetrieb, In- und Ausserbetriebnahme von Anlagen oder Arbeitsmitteln, Betriebsstörungen, vorhersehbarer nicht bestimmungsgemässer Betrieb.
Gibt es Betriebszustände, die gesonderte Massnahmen erforderlich machen?
Dazu gehören: Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Verbesserung) sowie die In- und Ausserbetriebnahme von Sicherheitseinrichtungen.
Welche Personen sind vor Ort zu erwarten und in welcher Zahl?
Sind besondere Arbeitsbedingungen (z.B. lange oder unübersichtliche Fluchtwege oder Arbeiten auf Gerüsten) zu berücksichtigen?
Wie schnell kann die Feuerwehr vor Ort sein und über welche Ausrüstung verfügt diese?
Wie sind die physikalischen Randbedingungen zu beurteilen?
z.B. Temperatur, Luftströmungen, Luftfeuchtigkeit, Raumvolumen, Raumfläche, Raumhöhe
Werden Arbeiten mit offener Flamme oder hohen Temperaturen durchgeführt?
Können Zündquellen durch nicht bestimmungsgemässe Betriebszustände erzeugt werden?
Existieren Einwirkungen durch elektrische, mechanische, chemische und / oder Wärmeenergie?
Wie wirksam sind die Zündquellen?
Welche bauordnungsrechtlichen Anforderungen werden hinsichtlich des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes gefordert?
Sind bereits Anforderungen aus vorherigen Berichten bekannt?
z.B. aus Brandschutzgutachten, Brandschutzkonzepten gemäss der Baugenehmigung, Gefährdungsbeurteilungen, Sicherheitsberichten, etc.
Ob besondere Brandschutzmassnahmen notwendig sind, hängt massgeblich von der Höhe der Brandgefährdung ab. Die TRGS unterscheidet hier in normale Brandgefährdung, erhöhte Brandgefährdung und hohe Brandgefährdung. Bei normaler Brandgefährdung kann auf besondere Schutzmassnahmen verzichtet werden. Auch die Notwendigkeit einer detaillierten Dokumentation entfällt. Alles was über eine normale Brandgefährdung hinaus geht, löst besondere Schutzmassnahmen aus. Hier kommt es darauf an, in welcher Art und Weise Gefahrstoffe am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden.
Die normale Brandgefährdung entspricht einer "geringen Gefährdung". Als Referenzgrösse wird oft auch das Brandrisiko in einem Büro herangezogen.
Eine normale Brandgefährdung liegt vor wenn
brennbare oder oxidierende Gefahrstoffe nur in geringer Menge vorhanden sind
und die Wahrscheinlichkeit einer Brandentstehung, die Geschwindigkeit der Brandausbreitung sowie die damit verbundene Gefährdung von Beschäftigten und anderen Personen vergleichbar gering ist wie z.B. bei einer Büronutzung.
Eine erhöhte Brandgefährdung liegt vor, wenn ein Kriterium der normalen Brandgefährdung nicht erfüllt ist oder nicht alle Kriterien für die hohe Brandgefährdung erfüllt sind.
Eine hohe Brandgefährdung ist z.B. zu erwarten in Lagern für brennbare oder oxidierende Gefahrstoffe oder bei Tätigkeiten mit brandfördernden, leichtentzündlichen, hochentzündlichen oder selbstentzündlichen Gefahrstoffen in geschlossenen Räumen.
Eine hohe Brandgefährdung liegt vor, wenn
Die zu ergreifenden Schutzmassnahmen leiten sich aus der Höhe der Brandgefährung ab. Bei normaler Brandgefährdung sind keine zusätzlichen Massnahmen erforderlich, die über allgemeine Grundpflichten hinausgehen. Bei erhöhter oder hoher Brandgefährdung sind über den "Normalfall" und allgemeine Grundpflichten hinausgehende Massnahmen anzuwenden. Entsprechend dem Substitutionsgebot der GefStoffV ist zunächst zu prüfen, ob der Einsatz brennbarer oder oxidierender Stoffe verhindert oder minimiert werden kann. Ist eine Substitution nicht möglich, ist die Brandgefährdung durch entsprechende Schutzmassnahmen so zu begrenzen, dass der Schutz der Beschäftigten und anderer Personen gewährleistet ist. Die Massnahmen sollten folgende Ziele verfolgen:
gefährliche Mengen oder Konzentrationen von Gefahrstoffen vermeiden, die zu Brand- oder Explosionsgefährdungen führen können
Zündquellen oder andere Bedingungen vermeiden, die Brände oder Explosionen auslösen können
die Auswirkungen von Bränden oder Explosionen auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten und andere Personen so weit wie möglich verringern
Bei der Planung eines Gefahrstofflagers sind z.B. folgende Aspekte zu beachten (**Achtung: **die genannten Massnahmen bei erhöhter oder hoher Brandgefährdung sind teilweise aufeinander aufbauend. Massnahmen bei hoher Brandgefährdung können die Massnahmen bei erhöhter Brandgefährdung ersetzen):
Baulicher Brandschutz
Räumliche Trennung durch Sicherheits- oder Schutzabstände
Brandschutztechnisch ausreichend bemessene bauliche Trennung
Ggf. Erhöhung der Standfestigkeit durch ausreichende Feuerwiderstandsfähigkeit
Verwendung einer dichten Umschliessung mit erhöhter Widerstandfähigkeit (z.B. gefahrgutrechtlich zulässige Verpackung)
Anlagentechnischer Brandschutz
Vermeidung von Zündquellen
Verwendung von Mess-, Steuer- und Regel-Einrichtungen z. B. Temperaturüberwachung, automatische Abschaltung
Angemessener Blitz- und Überspannungsschutz (innerer, äusserer)
Geeignete Branderkennung
Rauch- und Wärmeabzugsanlagen
Einrichtung zur Entrauchung, Rauchabschnittsbildung
Falls erforderlich, Bereithalten von Sonderlöschmitteln
Videoüberwachung zur frühzeitigen Branderkennung
Organisatorischer Brandschutz
Vermeidung von Zündquellen
Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung zur Zündquellenvermeidung
Einhaltung besonderer Anforderungen an Geräte, z. B. IP-Schutz
Kennzeichnung mit Warnzeichen W 001 „feuergefährliche Stoffe“
Verbot von Feuer und offenem Licht, Rauchverbot
Anwendung von Arbeitsfreigabeverfahren (z. B. bei Tätigkeiten mit offener Flamme, Arbeiten mit reinem Sauerstoff)
Verbot von Alleinarbeit
Gewährleistung einer angemessenen Aufsicht
Kontrolle zur frühzeitigen Branderkennung durch Rundgänge oder Anwesenheit von Personal
organisatorische Brandschutz- und Löschmassnahmen
Ausbildung einer erhöhten Anzahl von Beschäftigten zur Brandbekämpfung
Verkürzung der Fluchtwege, zusätzliche Notausgänge, zusätzlicher Fluchtweg
Räumungsübungen
Festlegen von Sammelstellen
Baulicher Brandschutz
Aufteilung der brandgefährlichen Stoffe auf feuerbeständig abgetrennte Bereiche
Brandschutztechnische Bemessung der Umschliessungen als Anlagenteil
Einsatz doppelwandiger Systeme
Erhöhung der Standfestigkeit durch ausreichende Feuerwiderstandsfähigkeit
Vorhaltung von Auffangräumen, Rückhaltesystemen, Drainage in einen sicheren Bereich
Anlagentechnischer Brandschutz
Eintrag von Zündquellen in das Innere von Anlagen durch technische Massnahmen vermeiden
Inertisierung, Sauerstoffreduzierung
Flächendeckende oder objektbezogene Brandmeldeanlage (BMA) mit Brandfallsteuerung und Alarmierung der Beschäftigten bzw. der Feuerwehr
Alarmierung (durch technische Einrichtung wie optisch –akustische Alarmierung etc.)
Erhöhung der Standfestigkeit durch Kühlen, Berieselungsanlagen
Löschanlagen
Leckagedetektion
Organisatorischer Brandschutz
Zutrittsregelung
Koordinierte betriebliche Brandbekämpfungsmaßnahmen (z. B. Betriebs- oder Werkfeuerwehr)
Beauftragung von Personen mit der Organisation der Flucht aus dem Gebäude
Vorhaltung spezieller Hilfsmittel z. B. Fluchthauben, Gelenkmaste, Langzeitatemschutz
Schaffen von Schutzbereichen (z. B. Rettungscontainer)
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist auch die Wirksamkeit der Schutzmassnahmen zu überprüfen. Da sich dies in der Praxis vor Eintreten eines tatsächlichen Brandfalles schwierig gestaltet, muss auf eine theoretische Einschätzung zurückgegriffen werden. Die gewählten Schutzmassnahmen sind dahingehend zu prüfen, ob sie einzeln oder in Kombination den gewünschten Erfolg erwarten lassen – aber auch auf mögliche negative Wechselwirkungen zu untersuchen. Sobald sich Verfahrensänderungen oder sonstige relevante Änderungen ergeben, sind die Gefährdungsbeurteilung zu aktualisieren und ggf. die Brandschutzmassnahmen anzupassen. Technische Schutzmassnahmen müssen darüber hinaus regelmässigen Funktionsprüfungen unterzogen werden. Diese sollte entweder alle drei Jahre erfolgen oder auch in kürzeren Abständen, wenn dies als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung festgelegt wurde. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sowie die regelmässigen Funktionsprüfungen sind in geeigneter Form zu dokumentieren.
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